Eltern und die Schulwahl der Kinder
Text: Stefan Schwarz
Die Trollprinzessin hat die Bildungsempfehlung fürs Gymnasium erhalten. Und Mira und Lavinia sind auch unter den guten Erbsen. Meine Frau gluckt schon den ganzen Morgen stolz durch die Wohnung, als wären die ganzen Einsen auf dem Zeugnis alles ihre Gene und die unverzeihliche Zwei in Mathematik der üble Klecks vom Vater. Dann klebt sie mir einen Zettel auf das Handy-Display, um sicherzugehen, dass die Botschaft ankommt. »Block dir mal diese Termine für die Tage der offenen Tür. Wir müssen ein Gymnasium für unsere Tochter suchen!«
»Was sollen wir denn da suchen?«, frage ich. »Es gibt nur ein Kriterium. Die Länge des Schulwegs. Wir nehmen das nächste Gymnasium.« Das nächste Gymnasium? Entsetzen malt sich in das Gesicht meiner Frau. Lebt sie tatsächlich mit einem Mann zusammen, der ohne jede Prüfung immer das Nächstliegende, womöglich sogar die Nächstliegende wählt und wählte? »Ich lasse meine Tochter«, enthebt mich meine Frau probeweise der Vaterschaft, »nicht auf irgendein Allerweltsgymnasium gehen!« Ich hebe vorsichtig den Zettel vom Handy-Display, nur um zu sehen, dass das Draufkleben meine gerade im Tippen begriffene Nachricht mit dem Bruchstück »Du kannst mich mal …« an meinen Chef verschickt hat. (Eigentlich sollte noch »… gegen Mittag anrufen« folgen.)
»Wir müssen auf der Hut sein«, lärmt meine Frau weiter. »Ich kenne Gymnasien. Die verstellen sich doch jetzt alle, um meine Tochter zu bekommen.« Na fein! Jetzt kann ich die nächsten Wochenenden damit zubringen, in den immerhin sechzehn städtischen Gymnasien irgendwelchen krampfhaft freundlich äugenden Chemielehrern Fangfragen zur mädchenbetonten Didaktik zu stellen oder auf dem Jungsklo kritisch Wandpopel zu zählen …